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Samstag, 10. Dezember 2016

Sternstunde

Jeder Superheld hat eine Stunde, in der er sich seiner Superkräfte bewusst wird. Einige Superhelden stehen fest im Leben und sind reiche Playboys, um ihre Ideale als Superheld zu tarnen. Doch dann gibt es da Superhelden, die im echten Leben Nerds sind, Looser, Nobodys. Menschen, die Ideale haben, aber mit sich oder ihrer Umwelt zu kämpfen haben. So einer bin ich. Immernoch. Aber es wird täglich besser! Wir alle können Superhelden sein! Das ist meine Geschichte:

Wir schreiben das Jahr 2013. Ich hatte gerade meine Stelle als Assistentin angefangen und obwohl ich gut ankam und das Feedback, welches ich auf meine Person bekam, überwältigend war, kämpfte ich mit starken Selbstzweifeln und fehlendem Selbstwertgefühl. Ich dachte, alles was ich tue ist ok, aber niemals gut genug. Der Bereich als Assistentin war für mich als gelernte IT Systemelektronikerin völliges Neuland und ich freute mich sehr über die neue Aufgaben. Schnell aber merkte ich, dass ich das Gefühl hatte, nicht gut zu sein. Ich war eben unkonventionell. Ein Chaot. Etikette?  Naja.. ich war wie ich bin. Aber passte das? Somit fuhr ich auf den Office Kongress von Office Seminare nach Hamburg. Ich wollte Frauen aus meinem neuen Berufsfeld treffen. Schauen, wie sie so sind. Sehen, worauf ich mich eingelassen habe und erfahren, ob andere mit den gleichen Zweifeln kämpfen wie ich. Nebenbei war das Workshopangebot spannend. Ich wählte intuitiv die Themen, bei denen ich dachte, sie würde mir weiterhelfen.

Die erste Nuss bei mir knackte Regina Först. Es war wie ein Erwachen. Ich fand mich in allen Beschreibungen wieder. Dennoch blieb ich unsicher. Ja sogar ängstlich. Um mich rum merkte das niemand. Meine Leistung mit Hilfe meiner Mauer war reif für einen Oscar!

Mein zerschlagenes Brett und mein damals größter Wunsch. 
Einen guten Tipp bekam ich bei Herrn Jotzo: Wir zerschlugen Bretter. Mit den bloßen Händen, unserem Mut und unserer Vorstellungskraft. Es klappte bei jeder, so dass ich mich gerade zu fragen begann, ob das alles vielleicht doch gefaked ist. Doch dann klappte es bei einer nicht. Ihr Fehler: sie hatte falsch fokussiert, hatte sich selbst blockiert und nicht das zu Erreichende im Blick gehabt. Ich hatte etwas begriffen: Das Ziel ist wichtig. Viel wichtiger aber ist, was danach kommt. Wenn man sich vorstellen kann, was einen nach getaner Arbeit erwartet, ist man zu allem fähig.

Dennoch waren da meine Selbstzweifel. Ich fragte Herrn Jotzo, was ich hier tun kann. Wie konnte ich meine Selbstzweifel überwinden? Ja, ich war mutig und ja, ich handelte oft, ohne an Konsequenzen zu denken, intuitiv. Aber was konnte ich tun, um an mich zu glauben, wie andere es scheinbar bereits taten? Wie konnte ich meine Superkräfte formen und stärken, wie lernen, mit ihnen im richtigen Maß umzugehen? Er riet mir ein Tagebuch zu beginnen. Kein billiges Schulheft sondern ein richtig teures. In das sollte ich jeden Tag lediglich drei Dinge schreiben, die mir gut gelungen sind. Diesen Tipp nahm ich mit nach hause. Das klang simpel.

Zu hause angekommen kaufte ich mir ein Tagebuch mit Ledereinband und Goldverzierung. Ich stellte die Klingel ab, machte das Handy lautlos und dann saß ich da vor einer Seite weißen Papiers. Ich kann mich noch an das Gefühl dieser Seite erinnern, so oft habe ich über sie gestrichen. Doch sie blieb leer. Ich saß eine Stunde da und mir fiel nichts ein, was ich an dem Tag gutes geleistet habe. Nichts! Wie konnte es sein, dass mich bei dieser Leistung mein Chef schätzte und meine Kollege mochten? Es war mir schier unbegreiflich! Aber Herr Jotzo hatte gesagt, dass es drei Dinge sein sollen. Nach einer weiteren Stunde standen dort drei Dinge. Aber ich hatte kein gutes Gewissen. Es waren Dinge, die mir alltäglich erschienen... Pünktlichkeit, einer Freundin Mut machen, Menschen zum lachen gebracht.... Was ist das schon...

So saß ich da jeden Abend und übte mich in meinen Superkräften. Dinge, die ich Anfangs für selbstverständlich hielt, wurden zu meinen Paradedisziplinen. Meine chaotische Art, hilft mir, Lösungen für Dinge zu finden, die auf normalem Wege nicht gelöst werden können. Meine unkonventionelle Art reißt Mauern ein. Wenn ich als Langschläfer morgens um 8h pünktlich bei der Arbeit erscheine, ist das nicht selbstverständlich. Meine Schwächen wurden Stärken und ich begriff, dass ich als Superheld nicht fliegen können muss, um die Welt zu verbessern. Saß ich anfangs noch zwei bis drei Stunden vor meinem Blatt, sind es heute nur noch Minuten. Und war es vor drei Jahren noch pure Selbstfolter, ist es nun jeden Tag die Erkenntnis, dass Held sein bei Kleinigkeiten anfängt. Mich inspirieren jeden Tag sehr viele Menschen. Viele Superhelden! Es gibt so viele Momente, die manchmal nur den Bruchteil einer Sekunde dauern, aber für meinen Tag und den meiner Mitmenschen eine positive Wendung bedeuten. Es macht einen großen Unterschied, ob ich den Menschen, denen ich begegne mit schlechter Laune oder einem Lächeln entgegentrete. Das Lächeln erobert die Welt und kann die schlechte Laune in Luft auflösen, auch wenn es im ersten Moment schwer fällt. Die schlechte Laune versaut allen den Tag.

Es gelingt mir nicht immer. Aber das ist eben das mit den Superkräften. Man muss üben sie zu kontrollieren. Ich übe weiter fleißig. Und ihr?

2 Kommentare:

  1. Hi,
    ich finde es sehr gut das du gelernt hast, das auch kleine Dinge wie pünktlich aufstehen eine große Leistung sein können und das nicht alles was man so von sich erwartet und kennt eine Selbstverständlichkeit ist. Doch auch Superhelden müssen damit rechnen das an manchen Tagen das Cape in der Unterhose eingeklemmt ist und man sich bei dem Versuch einer Sache zu Stellen mächtig auf die Nase packt. Wichtig ist das man das Akzeptieren kann, das Cape aus der Unterhose zieht und vielleicht aus einer anderen Richtung einen neuen Angriff wagt.

    Ich wünsche dir weiterhin Viel Erfolg!
    Lieben Gruß

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    1. Vielen Dank für den ersten Kommentar meines Blogs 😊 Wenn das Cape in der Unterhose klemmt, hat man einen schönen Grund zu lachen 😊

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