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Sonntag, 4. Juni 2017

Wir reden nicht mehr…


Trödelmarkt! Eine Veranstaltung von Menschen mit Menschen für Menschen. Ein Platz an dem jede Menge Individuen aufeinandertreffen, um sich auszutauschen. Geld gegen Ware, ja aber da bleibt doch eigentlich das gesprochene Wort nicht aus oder?

Unsere Leben finden mittlerweile zu einem großen Teil online statt. Wir telefonieren nicht mehr, wir schreiben uns und wenn jemand anruft, fühlen wir uns komisch. Wann schwang das um? Ist WhatsApp schuld, dass wir nicht mehr reden können?

Wir hatten nun gestern zu dritt einen Stand in Langenhagen auf dem Trödelmarkt aufgebaut. Wir freuten uns sehr auf den Tag, denn es erwartete uns etwas neues. Aber nicht nur die Situation war für uns neu: wir erwarteten viele Menschen an diesem Tag, neue Kontakte und kleine Gespräche.

Übermotiviert wie ich war hatte ich am Vorabend einen Leitfaden für Neutrödler gelesen. Dieser riet Folgende Punkte:

Nicht aufs Handy schauen!

Standbesucher grüßen!

Lächeln und freundlich sein!

Dem Kunden zuhören!

Tja… eigentlich also normale Kommunikationsregeln, dachte ich. Das kriege ich hin.

So standen wir da also. Wir grüßten jeden freundlich, der an unseren Stand kam. Und dafür ernteten wir verächtliche, unsichere, teilweise angewiderte Blicke. Manche fragten uns sogar, ob wir uns kennen. Ich war erschrocken! Ist eine Begrüßung, wenn man sich gegenübertritt, nicht völlig normal?!?

Wir schwangen unser Superheldencape um und grüßten bis zum letzten Kunden jeden, der an unseren Stand kam. Wir wollten eine Lanze brechen für die Kommunikation und taten dies mit Wiederstand.

Die Reinigungskraft der Toiletten sagte mir nach dem dritten Gang, ich müsse nicht mehr zahlen, da ich doch mit Sicherheit noch öfter käme. Ich bedankte mich. Wir hatten jedes Mal ein paar nette Worte gewechselt. Ich hatte mich jedes Mal bedankt. Und Sie hatte jedes Mal irritiert geschaut. Warum erfuhr ich jetzt: Sie hatte an diesem Morgen eine Kundin (ja, auch Toilettenbesucher sind in dem Sinne Kunden, da sie für Geld eine Leistung erhalten), der sie das Gleiche angeboten hatte: Sie bräuchte nicht mehr zahlen. Da wurde die Frau ausfallend, ob denn die Dame ihre Toilettengänge aufschreiben würde und warum sie sie beobachtet!?! Die Dame war lediglich aufmerksam! Sie wollte, dass Ihre Kunden sich bei ihr wohl fühlen! Ich konnte sie verstehen und sah in ihr ebenfalls diese Heldenkraft leuchten: Freundlichkeit, Service, Aufmerksamkeit. Diese wurden ihr jedoch zum Negativen ausgelegt: Stalking (ja, dieser Vorwurf stand im Raum) und Aufdringlichkeit.

Kein Wunder, dass unsere Welt so eskaliert, wenn wir uns gegenseitig so egal sind, dass Aufmerksamkeiten Fremder direkt Verwirrung stiften. Traurige Welt!

Lasst uns alle dafür sorgen, dass gegenseitige Aufmerksamkeit wieder modern wird! Grüßt, bedankt Euch und last but not least: telefoniert! Sagt hallo und tschüß.

Danke, dass Ihr das hier lest und vielleicht mögt Ihr mir ja von Euren Erfahrungen in Bezug auf Aufmerksamkeit berichten. Ich würde mich echt freuen!