Es gibt Themen, die kochen immer dann hoch, wenn eine Person
des öffentlichen Lebens stirbt, obwohl auch jeder andere betroffen sein könnte.
Ebbt das Thema ab, scheint das Phänomen verschwunden. Wie vorher bereits bei
Robin Williams ist dies nun auch im Todesfall Chester Bennington zu sehen. Der
Sänger der Band Linkin Park nahm sich am 20.07.2017 das Leben. Grund hierfür
war eine schwere und bereits lange andauernde Depression. Er hinterließ eine
Frau und sechs Kinder.
Egoistisch, sagen die einen und andere verstehen. Oft sind
die, welche verstehen, auch die, die selbst an dem Krankheitsbild Depression
leiden. Trotz der immer wieder aufkommenden Öffentlichkeit ist das Thema verpönt.
Vermeintliche Schwäche ist in der heutigen Leistungsgesellschaft verboten. „Ich
kann da mit keinem drüber reden", sagt mir Lisa F.. Die junge Frau ist 27 Jahre
alt, erfolgreich im Beruf und hat einen großen Freundeskreis. Nach außen hin
wirkt sie völlig normal:" Ich bin ja auch völlig normal! Ich fühle nur anders!"
Und hier beginnen sich die Welten zu trennen. Lisa
beschreibt das Gefühl als Leere oder ständiges in tiefe Dunkelheit fallen.
Hiergegen kämpft sie jeden Tag. Freunde verstehen das Gefühl nicht, sagen, sie
solle sich nicht so anstellen. Das ginge auch wieder vorbei. Als das Gefühl
jedoch scheinbar grundlos anhält, wendet Lisa sich an einen Arzt und bekommt
die Diagnose Depression. Da sie auch von Selbstmordgedanken spricht, erhält sie
eine Einweisung in eine ambulante Tagesklinik. Dort beginnt ihr Kampf zurück
ins Leben.
Den Kollegen und Freunden erzählte sie von einer Reha. Sie
schämt sich ihrer Schwäche. Denn obwohl psychische Krankheitsbilder immer
häufiger Grund für Krankschreibungen sind, ist das Thema ein Tabu. Die Angst,
nicht ernst genommen oder ausgelacht zu werden ist bei den Betroffenen groß,
jedoch nicht immer berechtigt.
Hierfür ist Anne J. ein gutes Beispiel. Die 34jährige leidet
bereits seit ihrer Jugend unter Depressionen. Wirklich klar wurde ihr das aber
erst bei einem Arztbesuch 2014. Sie schilderte ihre Symptome und erhielt eine
Einweisung. Aufgrund ihrer Position im Arbeitsumfeld und um gewissen
Unstimmigkeiten mit den Kollegen vorzubeugen machte sie ihre Erkrankung
öffentlich. Sie informierte ihren Chef und alle Kollegen, immerhin um die
hundert Personen. „Das Feedback war überwältigend!" berichtet sie. „Einige
Kollegen erzählten mir ihre Erfahrungen andere bewunderten meinen Mut. Das gab
mir Kraft!" Auch im persönlichen Umfeld wird Anne unterstützt.
„Ich bin nun nicht geheilt, aber es geht mir besser." Sagt sie
uns mit einem bezaubernden Strahlen in den Augen. Dadurch, dass jeder Bescheid
weiß, wird auf sie geachtet. Dennoch wird sie nicht besonders behandelt. „Ich
habe erkannt, dass die Erkrankung ein Teil von mir ist, der meinen Charakter
ausmacht. Und für den mag man mich." Für Anne war die Therapie ein großer
Schritt in die Zukunft. „Ich musste jedoch erst akzeptieren, dass ich krank
bin. Dann konnte der Weg beginnen."
Sie würde nichts anders machen und empfiehlt einen offenen
Umgang. Denn dieser offene Umgang schafft Vertrauen zu den Mitmenschen und
Vertrautheit mit der Erkrankung.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen